Interview mit Ursula Poznanski und Lesung aus Thalamus bei Osiander in Heilbronn

Kennt ihr das?

Ihr freut Euch schon seit Monaten auf ein bestimmtes Event… dann ist es endlich soweit und sogar noch viel viel besser als erwartet… ihr wollt SOFORT der ganzen Welt davon berichten… und dann habt ihr Angst, dass Euch das nicht ansatzweise so gelingt, dass es dem Event gerecht wird.

So und nicht anders ist es mir mit dem Interview mit der großartigen Ursula Poznanski ergangen.

Nachdem meine Rezension Club der roten Bänder meets Stranger Things: „Thalamus“ von Ursula Poznanski so gut bei Euch angekommen ist, hat der Loewe Verlag sogar eine super schöne Grafik mit einem Zitat aus meiner Rezension erstellt:

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Und auch die Autorin selbst war so begeistert von meiner Kritik, dass ich es auf ihre Homepage geschafft habe und dort nun verlinkt bin – Danke! Und vor 4 Wochen (OMG – so lange bin ich um diesen Artikel drumrumgeschlichen, weil ich mich nicht getraut habe!!!) war es dann soweit – ich durfte Ursula Poznanski endlich persönlich kennen lernen!

Die Lesung und das Interview war gleichzeitig auch ein Geburtstags-Geschenk für meine Tochter Emma – die ebenfalls glühender Fan ist und alle Jugendbücher von Ursula Poznnaski verschlungen hat!

Als kleines Mitbringsel hatte ich einen Chilly Willy im Gepäck – ein Maracuja-Likör mit Chili aus meinem Heimatort. Unglücklicher Name, ich weiß – aber das Weingut heißt nun mal Willy … den Vanille-Likör hat es allerdings mit Willy Vanilly noch härter erwischt ;-)

In der Heilbronner Buchhandlung Osiander angekommen, sind wir sind wir direkt auf Ursula Poznanski getroffen – sehr sympathisch und unkompliziert hat sie Emma und mich begrüßt und wir durften sie im kleinen Café der Buchhandlung gleich mit all unseren Fragen löchern:

Interview

Lieblingsleseplatz: Es ist sehr schwierig, Fragen zu finden bei Jemandem, der wie sie so in der Öffentlichkeit steht… da gibt es ja kaum eine Frage, die noch nicht gestellt wurde. Ich gebe trotzdem alles!

Ihre Bandbreite ist ja unglaublich vielfältig und bunt, wie auch ihre berufliche Laufbahn. (Japanologie, Publizistik, Rechtswissenschaften, Theaterwissenschaften, Redakteurin in einem medizinischen Fachverlag.) Sie schreiben Jugendbücher, Thriller für Erwachsene, Kinderbücher – was kommt da noch?

Ursula Poznanski: Also, mit den Kinderbüchern hab ich ja aufgehört. Das was jetzt veröffentlicht wurde, ist ein Buch von 2005. Das war damals ein Erstleser und ist jetzt ein Bilderbuch geworden. Aber das mache ich jetzt nicht mehr. Damals war es auch so, da war mein Sohn gerade auch noch in dem Alter, dass ich dauernd Kinderbücher vorgelesen habe und da hat sich das eher angeboten. Jetzt hab ich total den Kontakt zur Zielgruppe verloren. Also das heißt ich mach jetzt wirklich nur Jugendbücher und Bücher für Erwachsene – was da sonst noch kommt – keine Ahnung! Vielleicht schreibe ich ne Netflix Serie! (lacht)

Lieblingsleseplatz: Liebesromane wird es wahrscheinlich von Ihnen eher nicht geben, oder?

Ursula Poznanski: Eher weniger! Da gibt es ja auch genug Autoren und Autorinnen die das super gut machen und können und ich fühle mich in der Spannungs-Ecke super wohl!

Lieblingsleseplatz: Ihre Bücher haben immer ein ganz spezifisches Thema. ( In „Erebos“ geht es um PC-Spiele, in dem Thriller „Saeculum“ um ein Live-Rollenspiel, in dem Erwachsenen-Thriller „Fünf“ ist es Geocaching.) Wie viel ist Recherche und wie viel künstlerische Freiheit? Sind das tatsächlich ihre Hobbies?

Ursula Poznanaski: Also ich hab noch nie eine Drohne steigen lassen! Nein, ich stoße eher zufällig auf bestimmte Themen und finde” Boah — da müsste man ne Geschichte drunherum basteln!” Und dann mach ich das. (Wie in Thalamus, da war es ein Artikel in einer medizinischen Fachzeitschrift) Danach informiere mich halt soweit es nötig ist, aber ich mach das nicht alles selbst. Geocachen schon, das hab ich selber eine Zeit lang gemacht, Rollenspiele nie. Diese ganzen etwas außergewöhnlichen Hobbies habe ich meist im Internet recherchiert. Ich hab auch nie in Sienna studiert!

Lieblingsleseplatz: Das merkt man gar nicht! Woher nehmen sie ihre Informationen? Aus ihrem Umfeld oder von externen Experten – oder recherchieren sie das alles selbst?

Ursula Poznanaski: Schon. Aber das Meiste finde ich tatsächlich im Internet. Ich war aber in Sienna, wenn wir bei dem Beispiel bleiben. Ich kenne die Stadt, aber nicht so gut als hätte ich da gelebt, Ich weiß wie die Atmosphäre dort ist, ich weiß, was das Besondere daran ausmacht und den Rest recherchiere ich eigentlich sehr sehr schnell zusammen. Speziell wenn ich dann weiß, was brauche. Dann puzzelt man sich das eigentlich ganz schnell zusammen. Also ich zumindest habe den Eindruck, das funktioniert dann immer sehr unkompliziert. Und wenn für die Handlung der bestimmte Ort nicht wichtig ist, dann versuche ich eh immer einen zu erfinden…

Anmerkung: Für ihr neustes Buch wird die Autorin jedoch auf Recherche-Reise gehen. Wer also aufmerksam ihren Instagram Account verfolgt, erhascht evtl. Hinweise darauf, wo der Roman spielen wird – verraten hat sie es uns nämlich nicht!

Lieblingsleseplatz: Meine Tochter hat gefragt: “Wie kommt man auf solche Ideen?” – oder anders – nach so vielen ganz unterschiedlichen Büchern – haben sie manchmal Angst, dass ihnen die Ideen ausgehen?

Ursula Poznanski: Also, nachdem die Welt ja bunt und vielfältig ist und immer wieder neue Dinge passieren glaube ich das nicht. Ich leg mich jetzt auch nicht darauf fest, dass jedes Mal so ein Master Thema im Raum stehen muss – das war z.B. bei Aquila auch nicht der Fall – das ist “nur” ein Psychothriller für Jugendliche. Die Themen sind was, das mir einfach passiert – Ich lese z.B. was über Drohnen und denk mir: Oh! Geschichte!

Lieblingsleseplatz: Haben sie immer das nächste Buch schon im Kopf?

Ursula Poznanski: Meistens schon, ja. Nicht das komplette Buch, aber ich hab schon das nächste Thema im Kopf und das arbeitet vor sich hin, während ich noch am vorherigen Buch schreibe.

Lieblingsleseplatz: Spannend. Sie schreiben hauptsächlich Einzelbände, was ich sehr gut finde. Aus Überzeugung?

Ursula Poznanski: Ich finde, es kommt immer auf die Geschichte an. Also die einzige Trilogie die ich geschrieben habe, wurde hauptsächlich deswegen zu einer Trilogie gemacht weil ich wusste, die Geschichte kriege ich nicht in ein einziges Buch rein so wie ich mir das vorstelle. Das war jetzt nicht weil ich mir gesagt habe, ich will jetzt auch endlich mal eine Trilogie schreiben, sondern weil das einfach der Geschichte angemessener schien. Und bei den Einzelbänden sehe ich das ganz genau so – ich würde jetzt nichts aufblasen auf 5 Bände wenn ich sehe, es ist mit einem Buch getan.

Lieblingsleseplatz: Gerade im Jugendbuch-Bereich finde ich es schön, wenn ein Buch in sich geschlossen ist und man nicht ein Jahr auf eine Fortsetzung warten muss – was in dem Alter eine halbe Ewigkeit sein kann.

Ursula Poznanaski: Ja, ich kenne das ja auch als Leserin. Ich warte zur Not auch mal ein Jahr – es gibt ja eine Menge anderer toller Bücher die man in der Zwischenzeit lesen kann – aber mir ist es sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben wichtig, dass man der Geschichte gerecht wird.

Lieblingsleseplatz: Sie haben eine hohe Schlagzahl an Publikationen – ein Jugendbuch und ein Buch für Erwachsene pro Jahr – sind sie sehr diszipliniert bei Schreiben?

Ursula Posnanski: Ich finde immer – NEIN (lacht), aber irgendwie muss es so sein. Ich hab immer den Eindruck, ich vertue so viel Zeit mit NICHTS… mit YouTube Videos anschauen oder Mails schreiben oder einfach rum surfen – aber ich glaub das ist auf der anderen Seite auch wieder ein sich Einschwingen aufs schreiben, weil irgendwann kommt dann der Punkt wo ich sage: Jetzt! Und dann geht’s auch meistens gut und flott. Wenn ich vorher beginne dann ist es so eine zähe und mühsame Herumquälerei. Deswegen nehme ich mir das mittlerweile nicht mehr ganz so übel. Aber ich fühle mich jetzt nicht so extrem diszipliniert. Es gibt auch Kollegen und Kolleginnen, die fangen um 9 Uhr an zu schreiben und dann schreiben sie bis 12, dann machen sie eine Mittagspause und ab zwei schreiben sie nochmal 3 Stunden. So arbeite ich überhaupt nicht. Zwar schon jeden Tag – auch am Wochenende – aber ich mache das nicht an der Zeit fest, sondern versuche pro Tag eine gewisse Anzahl an Worten zu schreiben – Lümmelnd auf dem Sofa! Da fühlt es sich nämlich nicht nach Arbeit an – weil Arbeit ist immer MUSS und MUSS ist immer schlecht…

Lieblingsleseplatz: Plotten Sie ein Buch immer komplett durch oder schreiben Sie drauf los?

Ursula Poznanski: Weder noch. Ich weiß das Ende des Romans, also ich weiß die Auflösung und worauf es rauslaufen soll und eine paar Stichpunkte und natürlich den Anfang und die Figuren – wobei da auch immer noch welche dazu kommen andere die wegfallen. Ich brauche die Lösung des Rätsels, das ist essentiell, ohne das fang ich nicht an. Und ich brauche so ein bisschen die Atmosphäre – dieses Gefühl, dass ich drin haben will in dem Buch. Und dann entsteht sehr sehr viel spontan beim Schreiben.

Lieblingsleseplatz: Das finde ich auch wieder sehr erstaunlich, denn ihre Plots sind genial und sehr komplex – da mag man gar nicht glauben, dass diese nicht penibel geplant sind!

Ursula Poznanaski: Ich glaube, dass im Unterbewusstsein auch schon so sehr viel bereit steht, was mir erst beim schreiben dann so richtig klar wird. Und es ist schon wahnsinnig wichtig dass das Ende stimmt, dann geh ich auch nicht in falsche Richtungen. Es kommt aber auch sehr viel im Prozess dazu wo ich mir denke, damit könnte ich die Geschichte auffüttern, aufpeppen oder eine Wendung – das entsteht aber beim Schreiben.

Lieblingsleseplatz: Wird dann im Lektorat noch viel geändert bei Ihnen?

Ursula Poznanski: Nie so dass ich jetzt groß umbauen muss. Eher so, dass man da ein bisschen was kürzt oder dass mir meine Lektoren schreiben: ” Das müsstest Du jetzt noch ein bisschen besser erklären.” , weil ich es mir so klar ist worauf es hinaus laufen soll und ich dann davon ausgehe, dass quasi diese winzige Andeutung jetzt allen anderen auch reicht. Stellt sich dann heraus. dass nicht. Und dafür ist ein Lektorat dann tatsächlich wichtig.

Lieblingsleseplatz: Haben Sie auch Testleser? (Ganz uneigennützig und ohne Hintergedanken die Frage versteht sich ;-) )

Ursula Poznanaski: Habe ich nicht mehr – tatsächlich aus Zeitgründen. Weil ich meistens eh schon zu spät abgebe, dann kann nicht noch Testleser vorschieben. Und nach dem Lekorat machen Testleser überhaupt keinen Sinn mehr.

Lieblingsleseplatz: Bei Laura Kneidl lese ich z.B. während des Schreibens kapitelweise mit. Dafür gehört natürlich eine große Portion Vertauen und Kritikfähigkeit dazu. Aber dann ist das mit dem Zeitproblem kein großes Thema.

Ursula Poznanaski: Das stimmt, ich hab das mal auch so gemacht mit einer Freundin die auch schreibt und das war phantastisch. Die Anmerkungen waren Gold wert! Trotzdem hab ich im Moment den Eindruck das wäre bei mir von der Zeit her zu knapp, denn will dann die Anmerkungen ja auch entsprechend überlegen können und wenn ich dann was ändere, dann zieht das ja oft auch einen Rattenschwanz hinter sich her. Wobei ich das mochte, das war nochmal so ein Sicherheits-Ding. Sie hat einen sehr sehr klaren und sehr sehr genauen Blick gehabt und überhaupt kein Blatt vor den Mund genommen, das war schon toll.

Lieblingsleseplatz : Liest Ihr Sohn ihre Bücher?

Ursula Poznanaski: Jein. Nicht alle, aber er liest sie meistens. Aber es ist jetzt nicht so, dass er sich sofort darauf stürzt, sobald die Kiste mit den Belegexemplaren kommt. Aber in keinem Falle als Testleser. Nein – ich glaub das ist dann auch nicht mehr so spannend wenn das alles zuhause passiert und zuhause geschrieben wird.

Lieblingsleseplatz: Ihre Protagonisten sind relativ ausgeglichen mal männlich, mal weiblich? Was fällt Ihnen leichter?

Ursula Poznanaski: Kein Unterschied. Ich wähle das immer danach aus, was meiner Meinung nach für die Geschichte besser passt. Oder anders gesagt: es ist eigentlich so, dass ich das meist schon zusammen mit der ersten Idee weiß, was besser passt – ein männlicher oder ein weiblicher Protagonist. Und meistens erweist sich das dann auch als richtig. Es war noch nie so, dass ich dachte: “Ach, mit einem Mädchen hätte das jetzt aber besser funktioniert!” ….weil dann die Geschichte dann eine ganz andere wäre. Wenn ich zum Beispiel bei Elanus (wo er seine Mit-Studenten stalkt) – ein Mädel genommen hätte, wäre wäre die Geschichte ein komplett andere gewesen. Ich spür das schon am Anfang. Bei Thalamus spielte vielleicht der Hintergedanke mit, dass ich Timo härter anpacken konnte als vielleicht eine weibliche Protagonistin.

Lieblingsleseplatz: Meine letzte Frage ist nun völllig off-topic, die stelle ich aber allen meinen Interview-Partnern: Welches ist ihre Lieblings-Eis-Sorte?

Ursula Pozanaski: Oh Gott, das wurde ich tatsächlich noch nicht gefragt! (Strike!) Pistazie mag ich wahnsinnig gern! Und dann gibt es so ein paar Exoten die ich auch total mag wie Tiramisú und Zimteis – das finde ich auch super!

Lieblingsleseplatz: Passt ja jetzt sehr gut in die Weihnachtszeit!

Herzlichen Dank für das super entspannte und lustige Interview!

Bei der anschließenden Lesung gab es nicht nur beim Publikum Fangirlmomente, sondern auch bei den BuchhändlerInnen der Osiander Filiale in Heilbronn. Und ich muss sagen, obwohl wir das Buch kannten, war es spannend zu hören, wie die Autorin selbst ihre Texte fühlt.

Im Anschluss hat sie begeistert auf jede Frage aus dem Publikum geantwortet, so dass ich kaum glaube dass Irgendjemand nach diesem Abend kein Fan von Ursula Poznanski sein kann – wenn er es nicht eh schon war!

Ein unvergesslicher Abend! Zum Schluss hat die Autorin noch jeden Signierwunsch erfüllt und ob der endlos langen Schlange war ich froh, dass sie schon beim Treffen davor so lieb war, unsere Lieblingsbücher zu signieren:

Es war mir eine Ehre!

3 Kommentare zu „Interview mit Ursula Poznanski und Lesung aus Thalamus bei Osiander in Heilbronn

  1. Liebe Verena,
    vielen Dank für das schöne Interview mit Ursula Poznanski und das du es mit uns teilst. Du hast sehr interessante Fragen gestellt und ich wünschte ich hätte bei der Lesung dabei sein können. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf und hoffe, dass irgendwann einmal eine Lesung in meiner Nähe stattfindet.

    Ich wünsche Dir eine schöne Adventszeit

    Catherine

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