Gegen das Vergessen: Dunkelnacht von Kirsten Boie (Rezension)

Eine der dunkelsten Nächte unserer Geschichte:

Eigentlich ist schon alles vorbei, das zeichnet sich ab. Die Schrecken des Zweiten Weltkrieges gehen zu Ende. Doch irgendwie fördert diese Aussicht bei Vielen nur noch mehr Angst und Schrecken zu Tage…

April, 1945. Alle spüren, dass der Krieg und die fürchterliche Ideologie der Nationalsozialisten kurz vor dem Ende stehen. Doch in der Nacht vom 28. auf den 29. April 1945, zwei Tage vor Hitlers Selbstmord, ereignet sich das dunkelste Kapitel der damals noch jungen Stadt Penzberg in Bayern. Denn während der einst von den Nazis abgesetzte Bürgermeister zurück ins Rathaus zieht, erlässt die Wehrmacht den Befehl, alle Widerständler sofort hinzurichten. Und zwischen allen Fronten stehen die Jugendlichen Marie, Schorsch und Gustl. (Quelle: Oetinger)

Wir wissen alle, was in jener Zeit geschah. Geschichtsunterricht, Ausstellungen, Zeitzeugen – all das erinnert uns immer wieder an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte. Aber meist erlauben uns diese Quellen das Ganze distanziert zu betrachten. Eine grausame Geschichte, die halt passiert ist.

Kirsten Boie gibt dieser grausamen Geschichte einen konkreten, isolierten Ort. Und sie gibt ihr Gesichter. Junge Gesichter.

Wir folgen Marie, Schorsch und Gustl eine Nacht lang in ihren kleinen Ort Penzberg in Bayern. Das macht das ganze so nahbar.

Weil auch in diesen Zeiten irgendwer das Richtige tun muss, einfach, weil es richtig ist.

Das Handlung beruht auf einer wahren Geschichte. Die Protagonisten wurden jedoch teilweise frei erfunden und ihre Gefühle und Taten ebenso. Das macht es jedoch nicht weniger gruselig, denn genau diese menschlichen Abgründe konnte man damals überall beobachten.

Auch wenn die Charaktere Marie, Schorsch und Gustl frei erfunden sind, die Opfer sind es nicht. Sie haben Namen:

16 Ermordete und kein einziger Mörder?

Auf der Verlagsseite könnt ihr ein unglaublich lesenswertes Interview mit Kirsten Boie finden, das ich Euch unbedingt ans Herz legen möchte. Sie erzählt dort über ihre Beweggründe, dieses Buch zu schreiben und wie die Nazi-Zeit auch sie noch beeinflusst hat.

Wie konnten innerhalb weniger Jahre freundliche Familienväter und -mütter zu gnadenlosen Mördern mutieren? Wie konnte es sein, dass diejenigen, die nicht direkt beteiligt waren, so konsequent weggesehen haben und einfach nichts wissen wollten? Wäre all das nicht wirklich geschehen: Kein Romanautor, kein Drehbuchautor würde wagen, sich so eine unrealistische Geschichte auszudenken. Aber was einmal passiert ist, kann wieder passieren. Und das Wissen darum – aber nicht das Gefühl, als junge Deutsche, die ja vielfach ihre Wurzeln anderswo haben, immer noch Schuldgefühle haben zu müssen! – sollte auch die nächsten Generationen begleiten. Ich bin überzeugt, dass wir mit diesem Wissen viele Entscheidungen anders und vielleicht menschlicher treffen, als wir es ohne getan hätten.

Kirsten Boie

Beklemmend und wichtig zugleich. Und irgendwie berührt diese Geschichte mehr, weil sie den schrecklichen Ereignissen Gesichter gibt. Ähnlich wie die kürzliche Instagram Aktion des SWR, bei der das Schicksal von Sophie Scholl als Instagram-Story erzählt wurde, bekommt man auch in Dunkelnacht das Gefühl hautnah dabei zu sein – ob man will oder nicht…

Absolut lesenswert!

Bewertung: 5 von 5.
  • Herausgeber ‏ : ‎ Verlagsgruppe Oetinger Service GmbH
  • ET: 6. Februar 2021
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 112 Seiten
  • Preis ‏ : ‎ 13 €
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3751200530
  • Lesealter ‏ : ‎ 15 Jahre und älter
  • Klappentext ‏ : ‎ „Weil auch in diesen Zeiten irgendwer das Richtige tun muss, einfach, weil es richtig ist.“ April, 1945. Alle spüren, dass der Krieg und die fürchterliche Ideologie der Nationalsozialisten kurz vor dem Ende stehen. Doch in der Nacht vom 28. auf den 29. April 1945, zwei Tage vor Hitlers Selbstmord, ereignet sich das dunkelste Kapitel der damals noch jungen Stadt Penzberg in Bayern. Denn während der einst von den Nazis abgesetzte Bürgermeister zurück ins Rathaus zieht, erlässt die Wehrmacht den Befehl, alle Widerständler sofort hinzurichten. Und zwischen allen Fronten stehen die Jugendlichen Marie, Schorsch und Gustl.

Ein ganz großes Dankeschön geht an den Verlag, der es mir ermöglichte, auf meinen Wunsch hin dieses wunderbare Buch zu lesen! Dass mich das nicht beeinflusst hat, ist eh klar…

(Es handelt sich um ein kostenfreies Rezensionsexemplar ohne Verpflichtung und ich erhalte keine Vergütung für die Veröffentlichung meiner Rezension)

Weitere Meinungen dazu von meinen BloggerkollegInnen:

noch keine gesichtet…

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